ARGE RLP initiiert Parlamentarischen Abend zum Thema bezahlbares klima- und altersgerechtes Wohnen
In seiner Funktion als Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft rheinland-pfälzischer Wohnungsunternehmen (ARGE RLP) lud GEWOBAU-Geschäftsführer Karl-Heinz Seeger am 6. Juli 2022 zum Parlamentarischen Abend in den Landtag Rheinland-Pfalz. Abgeordnete und Akteur:innen aus der Wohnungswirtschaft kamen zusammen, um die Vereinbarkeit von Klimaneutralität, Barrierefreiheit und Bezahlbarkeit beim Wohnen zu diskutieren.
Klimaneutral, altersgerecht und bezahlbar soll es sein – das Wohnen der Zukunft. Das Dilemma dabei: Die Umsetzung von Klimaneutralität und Barrierefreiheit in Wohnimmobilien ist teuer. Horrende Grundstücks- oder Bestandsimmobilienpreise, die Zinsentwicklung und steigende Baukosten tun ihr Übriges. Modernen Wohnraum dennoch zu sozialverträglichen Mietpreisen anzubieten, wird so zum echten Kraftakt für die Wohnungswirtschaft. Unter den vorherrschenden schwierigen Bedingungen nur gemeinschaftlich zu bewältigen.
Welchen Beitrag kann die Politik leisten? An welchen Stellschrauben können die Wohnungsbaugesellschaften drehen? Eine Gesprächsrunde zu Beginn des von ARGE RLP-Vorsitzendem Karl-Heinz Seeger initiierten Parlamentarischen Abends lieferte Impulse für anschließende Diskussionen. Im Austausch waren die rheinland-pfälzische Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen, Alexander Rychter als Verbandsdirektor des VdW Rheinland Westfalen und Matthias Berger, politischer Referent in Vertretung für den an Corona erkrankten Verbandsdirektor des VdW südwest, Dr. Axel Tausendpfund. Moderiert wurde der Talk von Immobilienökonomin Alexandra May.
Klar ist: Das Wohnen der Zukunft darf nicht mehr allzu lange auf sich warten lassen. In seiner Begrüßungsansprache definierte Matthias Lammert, Vizepräsident des Landtags, die Herausforderungen, die ein schnelles Handeln von Politiker:innen und Akteur:innen aus der Wohnungswirtschaft so dringlich machen: Demografischer Wandel, Energiepreissteigerungen, Klimawandel.
Die Wohnungswirtschaft braucht eine stabile Förderkulisse
Moderatorin Alexandra May adressierte zu Beginn der Gesprächsrunde die erschwerten Rahmenbedingungen für die Wohnungswirtschaft. Baukostensteigerung, Lieferverzögerungen, Materialengpässe, die aktuelle Zinsentwicklungen, verschärfte Baustandards, die Energiepreisspirale – all das hat schwerwiegende Konsequenzen für den Ausbau des Wohnungsmarktes. Alexander Rychter beklagte den Förderstopp auf Bundesebene, der, begleitet von der größten Preissteigerungswelle für Baukosten seit Jahrzehnten, zu einem deutlichem Volumenrückgang im Wohnungsbau geführt habe. Eine bundesweite Befragung des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen habe ergeben, dass 75 Prozent der Bau- und Modernisierungsprojekte vorläufig gestoppt oder sogar gänzlich eingestellt wurden. Rychter bezifferte die davon betroffenen Wohnungsneubauten mit 54.000 und die nicht realisierbaren Modernisierungen mit 87.000 Wohneinheiten. „Aber wenn wir nicht bauen oder modernisieren, erreichen wir nicht die Klimaziele“, so Rychter. Zudem seien auch die wirtschaftlichen Folgen für die Baubranche nicht absehbar. Matthias Berger vom VdW südwest bemängelte ebenfalls den KfW-Förderstopp. Für kommende Fördermaßnahmen wünschte er sich mehr Flexibilität: Bei der sich immer weiter steigernden Baukostenentwicklung sei unklar, ob heute bereitgestellte Fördermittel überhaupt ausreichen würden.
Man sehe die Not der Verbände, versicherte Landesministerin Doris Ahnen, jedoch sei eine Reihe der angesprochenen Punkte nicht unmittelbar durch die Politik beeinflussbar. Man würde alles daransetzen, im Fördermittelbereich Planungssicherheit zu gewährleisten. Insbesondere der soziale Wohnungsbau habe Priorität. Die Ministerin lobte das Engagement der Verbände, die sich – selbst wenn sie teilweise nicht formal als gemeinnützig gelten – mit der Frage der Bezahlbarkeit, dem Bedarf an neuen Wohnformen, dem selbstständigkeitserhaltenden Umgang mit älteren Mitbürger:innen und der Stärkung des sozialen Zusammenhalts im Quartier beschäftigen. Um die auf den Weg gebrachten Vorhaben der Wohnungswirtschaft zu unterstützen, arbeite man auf Bundesebene schon intensiv an Entwürfen für künftige Fördermaßnahmen, bemerkte Ahnen. Tatsächlich wolle man sogar mehr Bundesmittel als bisher bereitstellen – vor allem für die soziale Wohnraumförderung. Schon in diesem Jahr stünden hierfür mehr Mittel zur Verfügung als jemals zuvor, wovon auch Rheinland-Pfalz partizipiere. Und auf Landesebene habe man in engster Abstimmung mit der Wohnungswirtschaft und dem Bündnis für bezahlbares Bauen und Wohnen zum 1. Juni 2022 neue Förderrichtlinien verabschiedet. Würden in Bau- und Modernisierungsvorhaben Maßnahmen zur Bezahlbarkeit und Klimaschutz kombiniert, könnten Tilgungszuschüsse von bis zu 50 Prozent geleistet werden. Die ersten Projekte mit der neuen Förderung seien schon in Vorbereitung.
Serielles Sanieren als Hoffnungsträger
Alexandra May gab die ambitionierten Klimaschutzziele der Bundesregierung zu bedenken. Um diese einzuhalten, müssten in Deutschland bis zum Jahr 2045 72 Millionen Gebäude energetisch modernisiert werden. Serielles Sanieren würde in diesem Kontext häufig als „Gamechanger“ genannt. Aber wie steht es um die Rahmenbedingungen für das serielle Bauen und Sanieren?
Rychter definierte Zeit und Baukosten als die Stellschrauben, die mit seriellem Sanieren bewegt werden könnten und bezog sich in seiner Ausführung auf erfolgreich umgesetzte Sanierungsprojekte in den Niederlanden. In Zeiten von Ressourcenengpässen könnten die Klimaziele mit energetischen Bestandsmodernisierungen durch serielles Sanieren erreicht werden. „Modernisierung des Bestandes, das ist das Gebot der Stunde“, betonte auch Ministerin Ahnen. In der Vergangenheit habe man bei der Wohnraumförderung den Schwerpunkt im Wesentlichen auf Neubauten gelegt. Ohne den Wohnungsneubau zu vernachlässigen, sehe auch sie Bestandsmodernisierungen als Lösung um klimagerechtes Wohnen bezahlbar zu halten. Serielles Sanieren, wie es bereits die GEWOBAU Bad Kreuznach erprobt, könne dabei ein erfolgsversprechender Weg sein.
Angesprochen auf die Energiekrise und den drohenden Ausfall von Gaslieferungen zeigten sich die Gesprächsteilnehmenden besorgt: „Wenn wir kein Gas bekommen, wird es ein sehr schwieriger Winter“, so Rychter. Diese Herausforderung ließe sich nur meistern, wenn Energie-, Wohnungswirtschaft und Mieterschaft partnerschaftlich zusammenarbeiteten. Auch die Landespolitik beschäftigt sich intensiv mit dem Thema. Mit Alexander Schweitzer, welcher die Diskussion mitverfolgte, und anderen Mitwirkenden fänden bereits enge Gespräche statt, wie man insbesondere die betroffenen Mieter:innen unterstützen könne, so die Bau- und Finanzministerin. Sie hielt aber auch fest, dass die Bewältigung dieser Krise Flexibilität und Kompromissbereitschaft aller beteiligten Seiten erfordere.
In seiner Abmoderation der Gesprächsrunde sprach sich Karl-Heinz Seeger für die Bedeutung von Bestandsmodernisierungen aus. Aber auch Leuchtturmprojekte im Neubau – hier verwies er auf das Bad Kreuznacher Solar Quartier – seien wichtig, da sie der Orientierung dienen. Die Wohnungswirtschaft müsse weiterhin in technologieoffen und innovationswillig bleiben.
Bildnachweis VdW
Auf den Bildern (von links nach rechts):
Bild 1: Matthias Berger (VdW südwest), Alexander Rychter (Verbandsdirektor VdW Rheinland-Westfalen), Doris Ahnen (Finanzministerin RLP), Karl-Heinz Seeger (Vorsitzender ARGE RLP), Matthias Lammert MdL (Vizepräsident Landtag RLP)
Bild 2: RA Jörn Hildner, Karl-Heinz Seeger (Vorsitzender ARGE RLP), Michael Simon MdL, Dr. Helmut Martin MdL, Philipp Fernis MdL, Alexander Rychter (Verbandsdirektor VdW Rheinland-Westfalen)