Besuch der FDP im Solar Quartier

Konstruktive Gespräche und innovative Ideen – die FDP war zu Besuch im Solar Quartier.
Foto: Gewobau Bad Kreuznach

Besuch der FDP im Solar Quartier

GEWOBAU und FUTUREhaus ergreifen Gelegenheit, der Politik innovative Lösungen aufzuzeigen

Was bedeutet eigentlich „Wohnen der Zukunft“? Und was ist heute schon Realität? Der FDP-Stadtverband wollte es genauer wissen und lud seine Parteifreunde in der Stadt zur informativen Runde ins „Solar Quartier“ ein. Die Besichtigung stand unter dem Motto: „Innovation und Nachhaltigkeit in einem Guss ist Wohnen der Zukunft schon jetzt Realität“.

„Wir sind hier in einem Reallabor“, begrüßte Karl-Heinz Seeger die Liberalen in einem von drei Rohbauten der GEWOBAU-Mietshäuser, die einmal Teil des innovativen Wohnmodells sein werden. Die GEWOBAU Bad Kreuznach realisiert das Solar Quartier gemeinsam mit FUTUREhaus, die ihre Produktionsstätte nur zwei Kilometer entfernt vom Neubaugebiet „In den Weingärten“ eingerichtet hat und das Quartier seit 2017 in einzelnen Schritten entwickelt.

„Entwickeln“ ist hier durchaus wörtlich zu nehmen, das wurde in der lebhaften Runde sehr schnell deutlich. Denn Karl-Heinz Seeger und sein Pendant, Thomas Sapper von FUTUREhaus, nutzten die Gelegenheit, den Politikern im Wahlkampfmodus aufzuzeigen, dass Wohnkonzepte mit ausgefeilter, intelligenter Technologie wie das „Solar Quartier“ sprichwörtlich nicht vom Himmel fallen, sondern Raum und Zeit zur Entwicklung brauchen. „Die Wohnungswirtschaft wünscht sich weniger Regulierung, gerade auch, um neue Geschäftsmodelle eröffnen zu können“, stimmten Sapper und Seeger die 15 Liberalen um Stadtverbandsvorsitzenden Emanuel Letz auf die mitunter widersprüchliche Rechtslage, teils unsinnige Vorschriften oder schlicht zu wenig Förderung im Wohnungsbau ein. Und fanden in Philipp Fernis, Vorsitzender der FDP-Landtagsfraktion, Jürgen Eitel, Fraktionssprecher im Stadtrat und Petra Dick-Walther, Staatssekretärin im rheinland-pfälzischen Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau, interessierte Zuhörer.

Keine Stromflatrate wegen freier Anbieterwahl

So ersetzen zum Beispiel strombasierte Wärmesysteme im Solar Quartier herkömmliche Heizungen und Klimaanlagen. Durch die große Menge Sonnenenergie – jedes einzelne Dach der 28 Häuser wird mit einer integrierten Photovoltaik ausgestattet, gemeinsam erzeugen sie insgesamt 280 Kilowatt Haushaltsstrom und Ladestrom – könnte man den nachhaltig gewonnenen Strom ins bestehende Stromnetz einspeisen – wäre da nicht die EEG-Umlage beim Stromanbieterwechsel, die jedes Mal mit 6,8 Prozent zu Buche schlägt. Wollte die GEWOBAU wiederum ihren Mietern und Mieterinnen zur sicheren Kostenkalkulation eine Strom-Flatrate anbieten und im Zuge dessen eine Kooperation mit einem bestimmten Energieunternehmen eingehen, verhindere dies die „freie Anbieterwahl“, mit der der Gesetzgeber den Wettbewerb fördern will. „Sie rennen bei den Liberalen offene Türen ein“ antwortete Philipp Fernis auf diese Ausführungen, und auch Staatssekretärin Dick-Walther stimmte zu: „Wir brauchen Lösungen für günstigen, bezahlbaren Wohnraum“.

Wie viel Spaß es machen kann, innovative Lösungen zu entwickeln statt Probleme zu wälzen, auch das verschwiegen Seeger und Sapper nicht. So sind im Solar-Quartier Frischluftfenster zur Zwangslüftung, so genannte „CO2-Wächter“ eingebaut statt herkömmlicher Lüftungsanlagen. Das wiederum führt zu einer anderen Einstufung in der KfW-Förderung. „Solche Fenster sind nach KFW-40-Standard nicht erlaubt, weshalb die Häuser im Solar Quartier „nur“ KFW-55 zertifiziert sein werden“, erläuterte Sapper. Dafür gewinnen die Gebäude große Fenster, ein Kühle- und Wärmesystem über Tiefenbohrung, Gebäudeanimation über My-Gekko-Systeme und jedes Haus eine austarierte Blickachse, das heißt, der obere Stock eines Hauses kann über den 1. Stock des Nachbarhauses hinüberblicken. Wichtigstes Kriterium: „Der Kunde muss sich am Ende des Tages wohl darin fühlen.“

Mieter steuert Zugriff auf E-Fuhrpark selbst

Sapper und Seeger nutzten dabei auch die Gelegenheit, einmal dem Stadtrat ein Lob für die unkomplizierte Bebauungsplanänderung auszusprechen. Statt der üblichen 34-Grad-Neigung haben die Dächer im Solar-Quartier nur eine Dachneigung von 17 Grad, was die Sonnenkollektoren-Dichte möglich macht. Der überschüssige Strom über Sonnenenergie wird in großen Pufferbatterie gespeichert und für den modernen Fuhrpark an E-Fahrzeugen genutzt. Der Zugriff werde über modernes Gebäudemanagement via Tablets von Mietern und Hausbewohnern selbst gesteuert – wer sein E-Auto wie den Liegestuhl am Strand dauerreserviert, soll eine Sperre bekommen. Somit avanciere das „Solar Quartier“ auch zu einem soziokulturellem Wohnprojekt, bei dem Teilen und Tauschen zum Konzept gehöre.

„Unser Schwerpunkt im Solar Quartier ist selbst produzierter Strom“, so Sapper, „diesen zu puffern und energetisch sinnvoll nutzbar zu machen, das treibt uns an“, erläuterte der Fachmann im nachhaltigen Wohnungsbau, worin für ihn der Sinn des Experimentierens liegt. Sapper ist unter anderem Präsident des Bundesverbands für Wirtschaftsförderung und Außenwirtschaft e.V. in Berlin (BWA) und gestandener Unternehmer. Nicht nur die günstige Kostenkurve, auch der innovative Prozess der Entwicklung macht dem Unternehmer Spaß: „Man muss schon ein Stückchen kreativ sein.“

Wohnen bleibt gesellschaftliche Querschnittsaufgabe

Für Karl-Heinz Seeger ist die industrielle Partnerschaft zwischen GEWOBAU und FUTUREhaus auch ein wichtiger Schritt für die weitere Entwicklung von Wohnraum: „Wir müssen sehen, wie wohl fühlen sich die Menschen in ihren Häusern noch, wo können wir durch Monitoring oder Reporting Wünsche oder Notwendigkeiten aufspüren, wie lassen sich veränderte Lebensbedingungen, etwa mobiles Arbeiten, auf dem Wohnungsmarkt abbilden?“, brachte Seeger die Sichtweise von Wohnungswirtschaft und Vermieterseite ein. Nachhaltigkeit sei eben keine Einbahnstraße, deshalb dürften Investoren auch nicht einseitig belastet werden. Umgekehrt gelte es, bezahlbaren Wohnraum möglich zu machen. „Wohnen ist immer eine gesellschaftliche Querschnittsaufgabe. Es geht uns um ein Umdenken im Wohnungsbau, um lange Lebenszyklen von Häusern und alles im allem um eine Kreislaufwirtschaft.“

Die Liberalen waren von der Darstellung des Projekts, den anschaulichen Beispielen und der Besichtigung der Baustelle sowie den kreativen Lösungsansätzen mehr als begeistert. „Wenn man schon ein Projekt hat, das den zweiten Platz beim Green Tech-Award macht, muss man sich das doch anschauen“, sagte Emmanuel Letz anerkennend. Jürgen Eitel berührte besonders die konstruktive, lösungsorientierte Sichtweise: „Ich war noch in keiner Veranstaltung, in der der Stadtrat so gelobt wurde.“

Fotos: Gewobau Bad Kreuznach